Reimar Gilsenbach: Herren über die Wüste. (= Passat-Bücherei, Band 49.) Leipzig, Jena, Berlin: Urania-Verlag, 1963

196 Seiten, Paperback

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Inhalt:
Wüsten im Angriff (Die Felsbilder der Sahara • Das Land, wo Milch und Honig floß • Ruinen im Wüstensand) Malthus, Satanas und der Gärtner (Ein Brite prüft seine Rechnung • Bazillus der Erde • Der Gärtner sticht den Teufel aus) Turkmenische Zauberformel (Vier Feinde: Dürre, Sand, Wind und Salz • Wüste + Wasser = Oase) Flug in ferne Jahre (Das Wunder des Usboi • Der gebändigte Planet) Literaturhinweise


Die Felsbilder der Sahara
Stein knirscht auf Stein. Strich um Strich ritzt der Mann mit scharfgratigem Faustkeil den Fels. Wie eine schnell hingewischte Skizze entsteht unter seinen Händen das Bild eines Rindes. Lang, schmal der Körper, der Kopf vorgereckt, die Hörner schwach ausgebildet. Tag um Tag kehrt unser Mann zum Fels zurück. Dem ersten Rind fügt er ein zweites hinzu, ein wenig nach hinten versetzt, beide Tiere schnell ausschreitend. Dann zeichnet er den Hirten: hochaufgewachsen, schlank, nackt, wie er die Rinder treibt.

Besessen von seiner Idee, läßt unser Mann alles Überflüssige weg, gräbt nur die Umrißlinien in die widerstrebende Steinwand. Was treibt ihn zu seiner mühevollen Arbeit? Will er nur diese beiden Tiere darstellen? Oder stehen sie stellvertretend für eine Herde, die nach Hunderten von Köpfen zählt? Ist das Vieh des eigenen Stammes gemeint, das durch unwirtliche Einöden getrieben werden muß auf weiter Wanderung? Oder soll der fliehende Feind gebannt werden, dessen Rinder es zu rauben gilt? Ist dieses Felsbild als Zauber gedacht, soll es den Reichtum mehren, die Herden schützen, den Raub sichern?

Fragen über Fragen, – niemand kennt mit Sicherheit die Antwort. Von diesem Mann wissen wir so wenig wie von einem undenkbar weit entfernten Stern, dessen Licht jahrtausendelang durch Weltenräume gejagt ist und uns als winziges Funkeln erreicht. Der Mann selbst verging, ohne eine Spur zu hinterlassen; nur das Bild, das er von Herde und Hirt schuf, blieb. Wir können vermuten, wann es entstanden sein mag: vor dreitausend, vielleicht auch vor fünftausend Jahren. Ein Funkeln, ein Licht aus grauer, namenloser Vorzeit …